Rechte Pflegebedürftiger in der Schweiz
Hilflosenentschädigung: Wenn man Hilfe benötigt, z.B. beim Waschen, Essen oder Gehen.
«Hilflos» nach Gesetz bedeutet: eine Person ist im Alltag auf Hilfe von Dritten angewiesen. Dann hat sie eventuell Anspruch auf eine pauschale Entschädigung von der AHV, IV oder Unfallversicherung.
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Das Wichtigste in Kürze
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Wer wegen Unfall, Krankheit oder im Alter “hilflos” ist, hat evtl. Anspruch auf eine Entschädigung.
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Die Entschädigung ist ein fixer, monatlicher Betrag – unabhängig vom Einkommen.
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Hilflos sein bedeutet: Man benötigt Hilfe und/oder persönliche Überwachung.
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Man muss in der Schweiz wohnen und “dauerhaft” hilflos sein, um diese Entschädigung zu erhalten.
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Es gibt drei Schweregrade; bemessen daran, wie viel Hilfe man in 6 Lebensbereichen benötigt.
Was bedeutet “hilflos”?
Ein Mensch ist im Lebensalltag auf Hilfe Dritter oder auf persönliche Überwachung angewiesen. Dann gilt er nach Schweizer Gesetzen (der IV, AHV und Unfall-Versicherung) als "hilflos".
Beispiele: Man benötigt:
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Hilfe beim An- und Auskleiden.
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Hilfe bei der Körperpflege.
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Überwachung beim Schlafen.
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medizinische Hilfe, zum Beispiel beim Verbandwechseln oder Einnehmen von Medikamenten.
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Man ist erwachsen, kann aber nicht alleine wohnen.
Die Hilfsbedürftigkeit ist dauerhaft. Wer nach einem Knochenbruch einige Wochen Hilfe im Alltag braucht, gilt beispielsweise nicht als hilflos.
Menschen in jedem Alter können “hilflos” sein und darum eine Hilflosenentschädigung beanspruchen. Je nach Alter gelten aber andere Anspruchsgrundlagen (das erklären wir weiter unten).
Je nachdem, wie stark hilfsbedürftig jemand ist, hat sie oder er einen anderen Grad an Hilflosigkeit. Man kann leicht, mittel oder schwer hilfsbedürftig sein. Eine schwer hilfsbedürftige Person braucht ständig und in allen Lebensbereichen Hilfe.
Die Hilfsbedürftigkeit kann wegen einer physischen (körperlichen) oder psychischen Kondition entstehen.
Wer kann einen Anspruch haben?
Die Hilflosenentschädigung ist in verschiedenen Gesetzen geregelt, nämlich zur AHV (Alter, Hinterlassene), IV (Invalidität) und in der Unfallversicherung. Jedes dieser Gesetze kennt eigene Regeln zum Thema Hilflosenentschädigung.
Generell gilt: Um einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung zu haben, muss die Person
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in der Schweiz wohnen, und somit bei einer dieser Institutionen versichert sein (Voraussetzung bei AHV/IV);
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nicht in einer Heilanstalt wohnen (sondern z.B. im eigenen Zuhause oder bei den Eltern).
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat man einen Anspruch, sofern man als hilfslos gilt. Wann das eintrifft, erklären wir im nächsten Abschnitt.
Wann gilt man als "hilflos"?
Man gilt als hilflos, wenn man eine schwere, mittelschwere oder leichte Hilflosigkeit hat.
Das kann der Fall sein, wenn man Hilfe braucht:
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in alltäglichen Lebensverrichtungen in 6 Bereichen (dazu im nächsten Abschnitt mehr)
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Persönliche Überwachung
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Pflege
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Intensive Pflege
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lebenspraktische Begleitung (z.B. kann man nicht alleine wohnen)
Achtung: Je nachdem, unter welche Versicherung man fällt, gelten andere Regeln.
Was erhält man, wenn man "hilflos" ist?
Unabhängig vom Vermögen erhält man einen fixen Betrag, wenn man als hilflos gilt.
Daneben gibt es diese zwei Fragen zu beachten, denn Sie haben einen Einfluss auf die Höhe des Betrags.
1. Wie stark ist man hilflos: leicht, mittel oder schwer?
Zentral für die Bemessung der Hilflosenentschädigung ist erstens der Schweregrad.
Er misst sich daran, wie viel Hilfe man bei den alltäglichen Lebensverrichtungen braucht, aufgeteilt in die 6 Bereiche:
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An- und Auskleiden
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Aufstehen, Absitzen und Abliegen, z.B. sich ins Bett legen
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Essen, z.B. Nahrung ans Bett bringen, Nahrung pürieren
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Körperpflege, z.B. Duschen oder Rasieren
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Verrichten der Notdurft (Toiletten-Gang)
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Fortbewegung, z.B. in der Wohnung oder um soziale Kontakte zu pflegen
Je nachdem, in wie vielen Bereichen man Hilfe braucht, und wie intensiv dieser Hilfeanspruch ist, gilt man als leicht, mittel oder schwer hilflos.
Beispiel Unfallversicherung: Als schwer hilflos gilt, wer “vollständig” Hilfe braucht. Leicht hingegen zum Beispiel, wer in mindestens zwei alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist.
Die monatliche Hilflosenentschädigung beträgt dann bei Hilflosigkeit schweren Grades das Sechsfache, bei Hilflosigkeit mittleren Grades das Vierfache und bei Hilflosigkeit leichten Grades das Doppelte des Höchstbetrages des versicherten Tagesverdienstes.
(Quelle: Art. 38 UVV, Verordnung über die Unfallversicherung).
2. Unter welche Versicherung fällt man?
Daneben ist entscheidend, unter welche Versicherung man fällt – AHV, IV oder Unfallversicherung?
Je nach Versicherung hat man einen unterschiedlich hohen Betrag zu gut. Die Entschädigungen der AHV sind deutlich kleiner als die der IV.
Nicht abhängig davon, wer hilft
Das Gutheissen einer Hilflosenentschädigung wird nicht daran festgemacht, ob die Person Hilfe gegen Geld einstellt oder nicht. Auch wenn sie keine Hilfe einstellt, oder wenn Angehörige unentgeltlich helfen, kann sie eine Hilflosenentschädigung erhalten.
(Diese Regel weicht ab vom Assistenzbeitrag, wo man nur Geld erhält, wenn man gegen Lohn Drittpersonen einstellt.)
Das Geld wird an die hilflose Person ausbezahlt, nicht an die Person, die hilft. (Anders verhält es sich bei Betreuungsgutschriften und Tagespauschalen).
Checkliste: Habe ich einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung?
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Wohnsitz und Aufenthalt in der Schweiz
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Wohnend im Zuhause oder in einem fremdem Zuhause, z.B. bei Verwandten (nicht in einer Heilanstalt)
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Hilflosigkeit ist dauerhaft
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Hilflosigkeit ist vorhanden in einzelnen oder allen 6 Lebensbereichen
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Hilflosigkeit besteht aufgrund von Unfall, Krankheit, Invalidität oder wegen des Alters
Wenn Sie alle diese Fragen mit "Ja" beantwortet haben, besteht evtl. ein Anspruch.
Wo kann man den Anspruch geltend machen?
Der Anspruch ist bei der kantonalen Ausgleichskasse für AHV und IV geltend zu machen, im Falle eines Unfalls bei der Unfallversicherung.
Achtung: Es gibt eine Wartefrist von 1 Jahr. Das heisst: Wird der Anspruch gutgeheissen, erhält man die erste Auszahlung ein Jahr danach.
Hier finden Sie eine Übersicht aller kantonalen Ausgleichskassen.
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